Zwischen Wirklichkeit und Fiktion: Architektur im Buch

VIGNOLA, Giacomo Barozzi da: Regola delli cinqve / ordini d architettvra [...]
[In Roma] Gio: Battista de Rossi in piaza Nauona [...]

Signatur: 1.985 III. Standort: U2, Rara-Magazin. Alter Bestand der Bibliothek.

Maße: 25,5 x 36,5 cm.

Pappeinband des frühen 19. Jh., dieser beschädigt.

Vorsatzbl., Kupfertit., gestoch. Widmung, 45 num. Kupfertaf., 3 nicht num. Kupfertaf., Nachsatzbl.

Unter dem Porträt von Michelangelo ist das nicht zur Gänze aus der Kupferplatte geschliffene Datum „1616“ erkennbar.

Gescannt am 29.7.2010.
Externes Volltext-Digitalisat einer Ausgabe von „ca. 1692“ der UB Heidelberg (der vorliegenden Ausgabe ähnlich, offenbar von denselben Platten gedruckt, aber: es fehlt das Michelangelo-Porträt und anderes mehr): http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/vignola1692, 24.5.2010.


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Giacomo (oder Iacomo) Barozzi da Vignola (* 1. Oktober 1507, Vignola bei Modena; + 7. Juli 1573, Rom)

Der nach seinem Geburtsort Vignola benannte Giacomo Barozzi ist ein bedeutender Architekt der italienischen Spätrenaissance, dessen großer Einfluss auf die Theorie und Praxis der neuzeitlichen Baukunst jedoch nicht nur auf die von ihm geplanten Kirchen und Schlösser, sondern auch auf die von ihm verfassten „Regola delli cinque ordini d´architettura“ zurückgeht: Dieses erstmals 1562 veröffentlichte und danach in etwa 250 Ausgaben und neun Sprachen bis um 1900 immer wieder aufgelegte Lehr- und Musterbuch zur korrekten Konstruktion der fünf Säulenordnungen (Toskanisch, Dorisch, Ionisch, Korinthisch, Komposit) verzichtet im Unterschied zu vielen ähnlichen Werken fast ganz auf schriftliche Erläuterungen und beschränkt sich auf bildliche, in Kupfer gestochene Darstellungen. Vignola entwickelte auf der Grundlage eigener Vermessungen antiker Architektur sowie der Texte von Vitruv und Serlio ein leicht anwendbares, von verschiedenen Maßstäben unabhängiges Modulsystem, das auf ästhetischen Erfahrungswerten und proportionalen Verhältniswerten beruhte. Die Invention fester Zahlenbeziehungen auch für kleinste Gliederungen bildete in gewisser Weise aber auch ein „Korsett“ für die Architektur, das leicht zum Dogmatismus führen konnte. In seinen eigenen Entwürfen war Vignola außerordentlich erfindungsreich, wie etwa der Palazzo Farnese in Caprarola (1547-1559) sowie der Tempietto di S. Andrea (um 1550) und die Jesuitenkirche Il Gesù (1568-1584) in Rom beweisen. Die vorliegende, nicht datierte, frühe Ausgabe seines theoretischen Hauptwerkes stammt vermutlich aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Literatur:

    Spinelli, A. G. [?], Bio-Bibliografia dei due Vignola, in: Memorie e studi intorno a Jacopo Barozzi, Vignola, 1908 [über die einzelnen Ausgaben des Werkes].
    Walcher Casotti, Maria, Il Vignola, 2 Bände, Triest, 1960.
    Barozzi da Vignola, Jacopo, Regola delli cinque ordini d´architettura, Reprint mit einer Einleitung von Christoph Thoenes, Vignola, 1974.
    Lechner, Gregor Martin, Theorie der Architektur, Stift Göttweig, Graphisches Kabinett, Jahresausstellung 1975, Katalog, Göttweig, 1975, S. 27-29.
    Thoenes, Christoph, Vignolas „Regola delli cinque ordini“, in: Römisches Jahrbuch für Kunstgeschichte, XX, Rom, 1983, S. 345-376.
    Biermann, Veronica, Grönert, Alexander, Jobst, Christoph, Stewering, Roswitha, Iacomo Barozzi da Vignola, in: Architekturtheorie von der Renaissance bis zur Gegenwart, 89 Beiträge zu 117 Traktaten, Köln, u. a., 2003, S. 86-95
    Krufft, Hanno-Walter, Geschichte der Architekturtheorie, München, 2004, v. a. S. 88-91.
    Adorni, Bruno, Jacopo Barozzi da Vignola, Milano, 2008.