Zwischen Wirklichkeit und Fiktion: Architektur im Buch

FURTTENBACH, Joseph:
Architectura recreationis. / Das ist: / Von Allerhand Nutzlich: / und Erfrewlichen Civilischen / Gebäwen: / In vier Unterschidliche Hauptstuck eingetheilt. [...]
Getruckt in deß Heyl: Römischen Reichs Statt Augspurg, / Durch Johann Schultes. / Anno Christi M.DC.XL. [1640]

Signatur: 511 III. Standort: U2, Rara-Magazin. Alter Bestand der Bibliothek.

Maße: 19 x 29,5 cm.

Halbledereinband des frühen 19. Jh., dieser leicht beschädigt.

Vorsatzbl., Frontispiz (Autorenporträt), Tit., 12 nicht num. Bl., 120 S. mit dazwischen gebundenen, teilweise gefalteten Kupfertaf., Nachsatzbl.

Kupferstiche von Matthäus Rembold, Raphael Custos und Jacob Custos nach Zeichnungen von Joseph Furttenbach (der vielleicht manche Stiche sogar selbst angefertigt hat).

Gescannt am 29.7.2010.
Kein externes Volltext-Digitalisat verfügbar, 24.5.2010.


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Joseph Furttenbach (* 30. Dezember 1591, vermutlich Leutkirch/Allgäu oder Konstanz; + 17. Jänner 1667, Ulm)

Joseph Furttenbach lebte ab 1607 mehr als zehn Jahre in Italien, wo er nicht nur zum Kaufmann ausgebildet wurde, wie dies seine Eltern vorgesehen hatten, sondern darüber hinaus in Genua, Florenz, Mailand und Rom auch zahlreiche Baumeister, Ingenieure und Architekten, darunter Paolo Rizio und Giulio Parigi, kennenlernte. Im Jahr 1621 ließ sich Furttenbach als Kaufmann in Ulm nieder, gelangte rasch zu Wohlstand und übernahm 1631 schließlich das Stadtbauamt. Von seinen zahlreichen Gebäuden für die Stadt und private Auftraggeber ist heute fast nichts mehr erhalten. Als Schriftsteller trat Furttenbach erstmals 1626 mit dem Werk „Newes Itinerarium Italiae“ hervor, das lange Zeit als beliebter Reiseführer galt. Zwischen 1627 und 1663 publizierte Furttenbach zahlreiche, oftmals aufgelegte architekturtheoretische Schriften, deren Inhalte er in der Tradition von Vitruv nach Gebäudegattungen gliederte (Architectura civilis, -navalis, -martialis, -privata, -universalis, -recretationis). Wie Paul Decker fast 100 Jahre später legte auch Furttenbach keinen Wert auf ein architekturtheoretisches System oder Säulenordnungen, er erteilte vielmehr praktische Ratschläge für Auftraggeber oder Baumeister und entwickelte bequeme Grundrisse und Raumabfolgen. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen standen bürgerliche Bauten, Paläste und Gärten, deren Abbildungen auch in der hier vorliegenden Ausgabe der „Architectura recreationis“ überwiegen. Stilistisch wurde Furttenbach erwartungsgemäß von der italienischen Renaissancearchitektur beeinflusst, wobei das Vorbild des Stichwerkes „Palazzi di Genova“ von Peter Paul Rubens aus dem Jahre 1622 unverkennbar ist (> RUBENS, > DECKER).

Literatur:

    Berthold, Margot, Joseph Furttenbach (1591 – 1667), Architektur-Theoretiker und Stadtbaumeister in Ulm, München, 1952.
    Lechner, Gregor Martin, Theorie der Architektur, Stift Göttweig, Graphisches Kabinett, Jahresausstellung 1975, Katalog, Göttweig, 1975, S. 39-41.
    Architectura Recreationis, Reprint, mit einem Nachwort von Detlef Karg, Berlin, 1988.
    Evers, Bernd, Zimmer, Jürgen, Joseph Furttenbach d. Ä., in: Architekturtheorie von der Renaissance bis zur Gegenwart, 89 Beiträge zu 117 Traktaten, Köln, u. a., 2003, S. 530-539.
    Zimmer, Jürgen, Furttenbach, Joseph, in: Allgemeines Künstlerlexikon (lizenzierter Zugang: www.ub.tuwien.ac.at, 27.7.2010).